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Kind Kaputt – Zerfall

Kürzlich konnte man in der Zeitung lesen, dass sich zahlreiche Schülerinnen und Schüler wegen zu schwerer Abiturprüfungen in Mathe in Petitionen zusammenfanden. Vor allem die zu komplizierten Textaufgaben sollen für Unmut bei den Abiturienten gesorgt haben. Als jemand, der 7 und 8 nur mit Taschenrechner-Hilfe zusammenbringt, möchte ich mich wahrlich nicht über den Aufstand wegen Matheprüfungen beschweren. Ich würde aber anmerken, dass wirklich schwere Texte vor allem bei Kind Kaputt zu finden sind.

Kind Kaputt Zerfall – CoverDas Auge hört mit
Beim Cover machen die Jungens aus diversen Städten (Leipzig, Eschwege, Nürnberg und Berlin) in Punkto Komplexität und Schwermut keine Ausnahme: Mittig im unscharfen Bild eines sterbendes Baumes, ein Schwarz-Weiß-Foto eines Kaugummiautomaten. Auch hier wieder: Vergänglichkeit und Melancholie. Denn was gibt es traurigeres, als den zurückgelassenen Quell kindlicher Freude?

Mucke Mucke Mucke
Zwölf Songs und damit knapp 50 Minuten mit Intro und Outro hat die neue Platte „Zerfall“ von Kind Kaputt vorzuweisen. Zwölf mal Lieder über gesellschaftliche und individuelle Abspaltung, über Ängste und Abstumpfung und eben über den „Zerfall“. Sänger Johannes Prautzsch singt dabei mal ruhig und resignierend, mal schreit er wütend und verletzt. Immer aber so scheint es, gibt es keinen Ausweg, immer verlangt ihm der Text alles ab. Alle Songs geben unheimlich viel her. Komplexe Texte, spannende Sologitarren und Riffs und ein außergewöhnlicher Bass. Ständig entdeckt man neue coole Schnipsel und gute Hooks. Die Texte sind aufs erste Hören sehr störrisch – ehrlich gesagt versteht man erst mal gar nix. Man muss sich schon sehr auf die einzelnen Textfragmente konzentrieren, will man die mannigfaltigen Wortspiele und arg versteckten Botschaften wenigstens grob herauslesen. Und genau darin liegen sowohl Stärke als auch Schwäche der Platte. Man wird regelrecht überfrachtet von all den guten Ideen, Arrangements und verschlüsselten Geheimnachrichten. Zuviel des Guten möchte man sagen.

Anspieltipp
Schwer zu sagen. Kein Song fällt wirklich ab. Jeder hat seine Stärken und interessanten Momente. „Geisel“ ist sicherlich eines der Lieder mit mehr Stärken und schafft es mit schrullig-mystischer Falsettstimme in der Bridge gleich ins Ohr. Vor allem die schweren, fast schon stoner-artigen Gitarren im Chorus kommen geil. Mitsingen oder dazu Tanzen ist aber fast unmöglich. Selbst nach mehrmaligem Hören könnte ich nicht sagen, was Johannes singt, geschweige denn was er damit meint.

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Recording
Vor allem der Bass-Sound fällt beim Hören der Platte sofort auf. Wer „Kind Kaputt“ in letzter Zeit mal live gesehen hat weiß, dass sich eine Baritone-Gitarre (mit längerem Hals und dickeren Seiten als eine normale E-Gitarre) hierfür verantwortlich zeigt. Irgendwie klingt er höher als ein normaler Vier-Saiter und auch irgendwie präsenter. Auch die Sologitarre macht Spaß. Immer ist irgendwas los, immer quietscht es irgendwo und immer wieder wird der Sound durch Octaver und Pitcher verfremdet.

Fazit
„Zerfall“ ist auf jeden Fall eine echt ordentliche Platte. Es gibt extrem viel zu entdecken, weshalb mehrmaliges Hören absolute Empfehlung ist. Aber Junge Junge, die Platte ist auch echt schwere Kost. Man hat regelrecht das Gefühl mehr Gewicht auf den Schultern zu tragen. Fast möchte man Kind Kaputt mal bei blauem Himmel und Sonnenschein auf eine blühende Sommerwiese mitnehmen oder Videos von Katzenbabys und kleine Hundewelpen zeigen. Ganz so scheiße ist das Leben nun auch wieder nicht – außer man hat gerade Mathe-Abitur geschrieben.

Die Band ist momentan mit Donnokov auf Deutschlandtour:
09.05. Nürnberg | Luise The Cultfactory
10.05. Darmstadt | Oetinger Villa
11.05. Hersbruck | Haderich Open Air
12.05. Saarbrücken | Garage
15.05. Berlin | Cassiopeia
16.05. Hamburg | Astra Stube
17.05. Oldenburg | Umbaubar
18.05. Rostock | Peter Weiss Haus
19.05. Jena | Cafe Wagner
22.05. Frankfurt | Ponyhof
24.05. Köln | Stereo Wonderland
25.05. Algermissen (Hannover) | Gänserock Festival
26.05. Kassel | K19

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